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Sachbücher und Bildbände

An das Wilde glauben

Nastassja Martin

In Zeiten, wo das Vertrauen in eine naturgegebene Geborgenheit menschlicher Körper und Seelen auf dramatische Weise zu schwinden scheint, kommt ein Erfahrungsbericht der französischen Anthropologin und Ethnologin Nastassja Martin gerade im rechten Moment. Unter dem Titel An das Wilde glauben ist im Verlag Matthes & Seitz ihr Erinnerungsbuch über einen Forschungsaufenthalt bei den sibirischen Ewenen auf der Halbinsel Kamtschatka erschienen, in dessen Verlauf sie von einem Bären attackiert und schwer verletzt worden ist. Zwar konnte sie sich der Kraft des Bären dank ihres Eispickels und gehöriger Portionen von Mut und Glück erwehren, hat aber eine Schädelverletzung davongetragen und ein Stück ihres Unterkiefers eingebüßt. Martin versteht diese Attacke indes nicht als … > Weiterlesen

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Belletristik

Tahiti Utopia

Michal Hvorecky

Nachdem die Faktizität sich in den letzten Jahren mehr und mehr aus dem politischen Diskurs verflüchtigt hat und dieser sich selbst zu guten Stücken in eine Untergattung der phantastischen Literatur verwandelt hat, ist es offenbar Zeit für eine Romanliteratur geworden, die umgekehrt verfährt und denkbare andere regionale bzw. globale Geschichten generiert. Man könnte vielleicht probeweise von „postfaktischen Weltfiktionen“ sprechen. Neben dem Franzosen Laurent Binet, dessen Roman Eroberung die Kolonialisierung Amerikas ins Gegenteil verkehrt, hat sich auch der slowakische Autor Michal Hvorecky mit seinem neuen Roman Tahiti Utopia einer solchen Fiktion verschrieben. Darin imaginiert er einen Verlauf der Versailler Verhandlungen nach dem 1. Weltkrieg, in dessen Folge die heutige Slowakei dem … > Weiterlesen

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Klassiker in Neuausgaben

Unterwegs mit den Arglosen

Mark Twain

Mark Twain, dem Schöpfer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn, ist auch das aufsehenerregendste Reisebuch der amerikanischen Literatur zu verdanken, das hierzulande bei weitem nicht so bekannt wie seine Kinderbuchklassiker ist. Am 7. Juni 1867 schifften sich der Autor und weitere 70 Abenteurer an Bord des Raddampfers Quaker City von New York aus zu einer der ersten Kreuzfahrten der Weltgeschichte ein. Ziel der Pilgerreise waren diverse Häfen und Inseln des Mittelmeers sowie das Heilige Land mit Beirut, Damaskus, Nazareth, Jerusalem, Jericho und Bethlehem. Die Reportagen Mark Twains erschienen zunächst in den Zeitungen Daily Alta California und New York Tribune, sowie in überarbeiteter Form zwei Jahre später als Buchausgabe unter … > Weiterlesen

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Belletristik

Das grüne Auge

Nathacha Appanah

Der von Nathacha Appanah verfasste Roman Das grüne Auge ist in dem umtriebigen Baseler Lenos Verlag in deutscher Übersetzung erschienen, hat bereits mehrere Preise erhalten und war auch für den Prix Goncourt nominiert. Die Autorin selbst ist auf Mauritius geboren, ihre Geschichte spielt auf einer zu den französischen Überseedistrikten gehörigen Insel der Komoren. Die Handlung verknüpft mythologische und realistische Motive, ihr Held ist ein Junge, der mit einem schwarzen und einem grünen Auge auf die Welt gekommen ist. Nach dem Tod seiner Ziehmutter muss er sich als Straßenjunge behaupten, wobei er ins raue Milieu von Drogenhandel und Gewalt gerät. All dies wird aus wechselnden Perspektiven verschiedener beteiligter Personen erzählt, vor … > Weiterlesen

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Sachbücher und Bildbände

Das Zeitalter der Inseln

Alastair Bonnett

Unter den Neuerscheinungen des Frühjahrs 2021, die sich explizit dem Inselthema widmen, ragt der bei C.H. Beck erschienene Titel Das Zeitalter der Inseln des Sozialgeographen Alastair Bonnett heraus. Lehrreich und spannend, wie man es bereits aus anderen Publikationen des Autors kennt, werden darin diverse bis dato unterbelichtete Aspekte von Inseln ans Licht gebracht – „von untergehenden Paradiesen“ bis zu „künstlichen Archipelen“, wie es im Untertitel heißt. Unser besonderes Interesse fand beim Lesen das Kapitel über aus verschiedenen Gründen „übersehene Inseln“, unter denen nicht zuletzt diverse unbewohnte Felseninseln der Ostsee zu erwähnen sind. Ein anderes überaus spannendes Kapitel ist der „Zerstörung von Inseln“ etwa zur Rohstoffausbeutung oder als Testgelände atomarer und … > Weiterlesen

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Belletristik

Wallace

Anselm Oelze
Der Titel gebende Held des Romandebüts von Anselm Oelze ist der britische Naturforscher Alfred Russell Wallace (1823–1913), der seine im Malaiischen Archipel gemachten Beobachtungen zur natürlichen Auslese der Arten 1858 brieflich an Darwin vermeldet und damit einen bis heute in seiner Bedeutung umstrittenen Beitrag zur Formulierung der Evolutionstheorie geleistet hat. Man könnte durchaus sagen, dass es Wallace auf der Bühne der Wissenschaftsgeschichte ähnlich erging wie gewissen im Verlauf der Evolution des Lebens ausgestorbenen Arten, indem sein maßgeblicher Anteil an der Evolutionstheorie weitgehend unbekannt blieb. Sein Nachruhm beschränkt sich im Wesentlichen auf die später nach ihm benannte, zwischen den indonesischen Inseln verlaufende „Wallace-Linie“, die die aus dem asiatischen bzw. australischen Raum… > Weiterlesen
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Belletristik

Kanalschwimmer

Ulrike Draesner

Der im mareverlag erschienene Roman von Ulrike Draesner besticht gleichermaßen durch psychologische Genauigkeit und poetische Intensität. Held des Buches ist ein Mann von Anfang 60, der nach 37 Ehejahren die Ankündigung seiner Frau zu verdauen hat, künftig mit einem langjährigen Freund des Paares zusammenleben zu wollen. Derart vor die Aufgabe gestellt, seinen Lebensplan an der Schwelle zum Ruhestand generell zu überdenken, fasst er den Entschluss, den Ärmelkanal zu durchschwimmen. Neben dem zutiefst männlichen Anspruch, sich selbst und der Welt noch einmal unmissverständlich die eigene Stärke zu bewiesen, steht hinter diesem Selbstversuch auch die Sehnsucht nach einer Art Reinigungsritual und die Suche nach der Wahrheit der eigenen Lebensgeschichte. Die Autorin begleitet … > Weiterlesen

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Autobiographische Essays

Ein Meer aus Licht und Farben

Sylvia B. Lindström

Sylvia B. Lindström, in Hamburg geboren, seit drei Jahrzehnten auf der schwedischen Insel Öland zu Hause, ist nicht nur als Autorin von zahlreichen Büchern (Krimis, Kinderbüchern, autobiographischen Reflexionen) hervorgetreten. Zu den von ihr ausgeübten „Berufen“ gehören zudem Tätigkeiten als Pferdetherapeutin, Altenpflegerin, Kunsthandwerkerin, Märchenerzählerin, Eventreiterin u.a.m., die sie im Übrigen parallel zur Inanspruchnahme als alleinerziehende Mutter eines Sohnes ausgeübt hat. Insofern wird das Wort Lebenskünstlerin ihrer vielseitigen Biographie weit eher als die Reduktion auf eine bloße Schriftstellerin gerecht.

In dem jungen Berliner Verlag EdenBooks ist nun ein autobiographisches Buch der Autorin über ihre Auswanderung aus Deutschland, ihre Ansiedlung in Südschweden und ihren dortigen Neubeginn erschienen. Es trägt den Titel Ein > Weiterlesen

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Sachbücher und Bildbände

Logbuch. Schiffe, die Legenden wurden

Lucia Jay von Seldeneck, Florian Weiß (III.)

Die Autorin Lucia Jay von Seldeneck und der Illustrator Florian Weiß haben in der Mannheimer Edition Kunstanstifter eine Anthologie unter dem Titel Logbuch. Schiffe, die Legenden vorgelegt, die nicht zuletzt in gestalterischer Hinsicht bemerkenswert ist. Das Spektrum der für das Buch ausgewählten legendären Schiffe reicht von der biblischen Arche Noah und archaischen Surfbrettern der Ureinwohner Hawaiis über die Segler des chinesischen Admirals Zheng He und seines genuesischen Kollegen Kolumbus bis zu Gagarins Sputnik und der von Werner Herzog für seinen Film Fitzcarraldo nachgebauten Molly Aida. Auch die von der britischen Marine zwecks Überwachung des nach St. Helena verbannten ehemaligen Kaisers Napoleon zur „Steinfregatte“ erklärte Nachbarinsel Ascension findet Berücksichtigung als … > Weiterlesen

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Sachbücher und Bildbände

Das Meer, die Liebe, der Mut aufzubrechen

Andrea Marcolongo

Im Bozener Folio Verlag ist das Buch Das Meer, die Liebe, der Mut aufzubrechen von Andrea Marcolongo erschienen. Darin interpretiert die italienische Altphilologin die Argonautensage und wechselt immer wieder spielerisch zwischen klassisch philologischen und aktuellen, unterhaltsam essayistischen Perspektiven. Inwieweit die Thesen Marcolongos zum historischen Hintergrund der legendären Reise der Argonauten wirklich haltbar sind, wagen wir nicht zu beurteilen, trotzdem wird die Lektüre ihres Buches dank ihres erfrischenden Erzählstils nie langweilig und belohnt den Leser zudem mit pointierten Reflexionen der Gegenwart, die alles andere als philologisch-altbacken sind.  Auf Seite 234 etwa liest man den folgenden Satz, der ohne Weiteres als denkbare Lebensmaxime in Frage kommt: „Besser sich verirren, als sich nie … > Weiterlesen