In den letzten Jahren scheint sich der kreative Puls im Bereich von Thriller- und Kriminalliteratur nach Japan zu verlagern. Die aktuelle Saison liefert gleich mehrere Beispiele dafür, u.a. den grotesken Thriller Suzukis Rache von Kotaro Isaka. Isaka, Jahrgang 1971, hat bereits 24 in mehrere Sprachen übersetzte und teilweise verfilmte Romane vorgelegt und dafür nahezu alle wichtigen Literatur- und Krimipreise in Japan abgeräumt. In Deutschland wurde im letzten Jahr erstmals ein Roman von ihm übersetzt. Nach dem Verkaufserfolg von Bullet Train hat der Verlag Hoffmann und Campe jetzt nachgelegt und einen in Japan bereits 2004 erschienenen Titel des Autors auf den Markt gebracht. Suzukis Rache ist in der Unterwelt Tokios angesiedelt … > Weiterlesen
Kategorie: Bücher
Wenn Worte töten
Der Held von Anthony Horowitz‘ neuem Roman Wenn Worte töten ist mal wieder kein anderer als der britische Autor selbst. Dabei soll er eigentlich nur auf Geheiß des Verlags an einem Literaturfestival auf der Kanalinsel Alderney teilnehmen, um das Marketing des Vorgängerbuchs Ein perfider Plan anzukurbeln, zu seinem Leidwesen allerdings nicht nur er allein, sondern mit ihm auch der frühere Polizist und Privatdetektiv Daniel Hawthorne, der eigentliche Held des Buches, dessen Detektivarbeit der Autor gleichsam als Chronist verfolgt und in Bücher gießt. Man ahnt bereits, dass das ungleiche Duo auf der Insel schon bald ins Umfeld eines neuen Kriminalfalls gerät. Kein geringerer als der Sponsor des Festivals – im Hauptberuf … > Weiterlesen
Die Hand von Odessa
Die US-amerikanische Autorin Sally McCrane ließ es sich schon in ihrem Roman Moskau um Mitternacht gefallen, postsowjetische Atmosphäre und amerikanische Geheimdienste bzw. Kriminalität und Humor zu mixen. Dabei entspringen die Szenarien ihrer Romane nicht der überbordenden Phantasie einer Schriftstellerin aus dem fernen Amerika, sondern vielmehr eigenen Reiseimpressionen und -erfahrungen. Das trifft auch auf den Schauplatz ihres neuen Krimis Die Hand von Odessa zu, den sie über weite Strecken vor Ort in der Schwarzmeermetropole zu Papier gebracht und den der Dresdner Verlag Voland & Quist jetzt in deutscher Übersetzung vorgelegt hat. Gleichwohl McCranes Aufenthalt und auch die Handlung ihres Romans in die Zeit vor dem Ukraine-Krieg datieren, sind die politische Eskalation … > Weiterlesen
Benoni
Der Norweger Knut Hamsun gehört zu den bis heute umstrittensten Schriftstellern des ausgehenden 19. und 20. Jahrhunderts, weil in seiner Gestalt literarische Sprachmächtigkeit auf politische Blindheit in Gestalt der nie ernsthaft zurückgenommenen Verehrung Adolf Hitlers, der deutschen Nazis und ihrer Rassentheorien getroffen ist. Nichtsdestotrotz hat ausgerechnet der jiddische Schriftsteller Isaac Singer (und ähnlich wie dieser zahlreiche weitere von Hamsun beeindruckte Autoren) den Beginn der literarischen Moderne auf das Erscheinen von dessen Roman Hunger 1890 datiert.
Der Umstand, dass seine Texte siebzig Jahre nach dem Tod des Autors gemeinfrei werden, hat nun eine regelrechte Hamsun-Renaissance mit einer Fülle von Neuübersetzungen zur Folge. Neben dem frühen Stadtroman Hunger, der in einer … > Weiterlesen
Hanna Mittelstädt gründete 1972 gemeinsam mit Lutz Schulenburg und Pierre Gallissaires, einem politischen Aktivisten aus Frankreich und Impulsgeber der situationistischen Bewegung, den Verlag Edition Nautilus in Hamburg und führte diesen bis 2016. Inzwischen ist sie auch als Autorin hervorgetreten, zuletzt mit einer Art Verlagsbiografie unter dem Titel: Arbeitet nie! Die Erfindung eines anderen Lebens. Der Titel des Buches nimmt auf eine Parole der revolutionären Bewegung in Frankreich Bezug, die in der Originalfassung „Ne travaillez jamais!“ in den 1950er und 1960er Jahren dortige Häuserwände zierte und insbesondere von der Gruppe der Situationisten wiederholt aufgegriffen wurde. Dank Pierre Gallissaires hielt sie auch in das Büro der jungen Hamburger Verlegerin Einzug – … > Weiterlesen
die schönsten versprechen
Die Lyrik von Doris Runge zeichnet sich seit jeher durch eine besondere Beziehung zur Ostsee aus, und auch in ihrem neuen Gedichtband kommt die Autorin in wiederholten poetischen Annäherungen darauf zurück. Das hat sicher damit zu tun, dass Runge schon seit ihrer Kindheit in Schleswig-Holstein zu Hause ist – auch beim zeitweisen Umzug nach Ibiza in den 1970er Jahren verlor sie das Meer nicht aus dem Blick. Man könnte sagen, dass sich das anrollende Meer und die Strände mit ihren vielfältigen Erscheinungsformen und Organismen unter den Augen der Autorin als Metaphern eines existenziellen Geschehens entpuppen. In den Momentaufnahmen ihrer Gedichte fängt sie etwas Anderes, Größeres ein, das unser geordnetes Weltwissen … > Weiterlesen
Das Bett mit dem goldenen Bein
Die von Zigmunds Skujins in überbordenden Sprachbildern erzählte Jahrhundertgeschichte einer Familie lettischer Bauern, Schiffbauer und Seefahrer entstand zu Beginn der 1980er Jahre im Vorfeld der „Perestroika“ in der damaligen Sowjetunion und erschien in Lettland bereits 1984. Das Buch wurde nicht nur von der Kritik gefeiert und gern mit Gabriel García Marquez‘ Kultroman Hundert Jahre Einsamkeit verglichen. In der Sowjetunion entwickelte sich das Buch sogleich zum Bestseller, allein die russische Ausgabe verkaufte sich in den 1980er Jahren 3,5 Millionen Mal. Mit fast 40 Jahren Verspätung ist der Roman nun auch in Deutschland angekommen und liegt in einer prachtvollen Ausgabe in Leinen und mit Kassette aus dem mare-Verlag vor.
Die Handlung … > Weiterlesen
Der Schlaf in den Uhren
Bereits im Jahr 2004 gewann Uwe Tellkamp mit einer Erzählung unter dem Titel Der Schlaf in den Uhren den renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis, ehe er für den 2008 erschienenen Roman Der Turm noch im selben Jahr den Deutschen Buchpreis erhielt. Der nunmehr vorliegende voluminöse Roman versteht sich einerseits als Fortsetzung des Erfolgsbuches von 2008, ist aber zugleich als erster Band eines umfangreicheren Buchprojektes unter dem Titel Archipelagus deklariert. Wie in seinem Bestseller Der Turm legt Tellkamp auch diesmal eine Art chiffrierte und fantastisch aufgeblähte Chronik des Zeitgeschehens vor. Auch das literarische Personal ist Lesern des Vorgängerromans bereits über weite Strecken bekannt, nicht zuletzt der Hauptheld Fabian Hoffmann als DDR-Dissident und Cousin der … > Weiterlesen
Die Markierung
Die Geschichte, die die junge isländische Schriftstellerin Frída Ísberg, in ihrem Debütroman Die Markierung erzählt und für die sie den Preis des isländischen Buchhandels erhielt, knüpft an aktuelle Entwicklungen an, die gerade in den letzten Jahren auch in den vermeintlich westlichen Demokratien das Gespenst eines Überwachungsstaates greifbar werden ließen. Die „Markierung“ ist das Zeichen dafür, dass sich der Betreffende einem vom Staat propagierten und nach dem Wunsch der Mächtigen bald schon verpflichtenden „Empathietest“ unterzogen hat, der ihn als „guten“ Staatsbürger ausweist. Ohne die Markierung dürfen bestimmte Wohngebiete nicht mehr betreten, bürgerliche Freiheiten nicht mehr in Anspruch genommen werden. Die Gesellschaft ist über den richtigen Umgang damit gespalten… … > Weiterlesen
Der Mann mit den Facettenaugen
Der taiwanesische Autor Wu Ming-Yi wurde für seine Romane schon mehrfach mit internationalen Preisen ausgezeichnet. Neben seiner Tätigkeit als Autor begleitet er eine Professur für chinesische Literatur an der der Nationaluniversität in Taipeh und ist auch als Umweltaktivist hervorgetreten. In seinem Roman verbindet er die tragische Geschichte einer taiwanesischen Literaturwissenschaftlerin, die Mann und Sohne infolge eines Kletterunfalls verloren hat, mit der eines 15-jährigen Eingeborenen der imaginären Pazifikinsel Wayawaya, die abgeschottet von der modernen Welt eine archaische Kultur mit ureigenen Ritualen praktiziert. Ein solcher Ritus sieht vor, dass alle Zweitgeborenen im Alter von 15 Jahren dem Meeresgott geopfert werden. Als versierter Schwimmer und kundiger Navigator überlebt der Held jedoch seine Aussetzung … > Weiterlesen