Der rumänische Schriftsteller Mircea Cartarescu wird unter Literaturliebhabern schon seit seinem 2019 erschienenen Roman Solenoid als heißer Anwärter auf den Literaturnobelpreis gehandelt. Mit seinem neuen, knapp 700 Seiten starken Roman Theodoros hat er diesen Anspruch untermauert, auch wenn sein jüngstes Meisterwerk aufgrund seines „barocken“ und „unzeitgemäßen“ Sprachzaubers im Feuilleton nicht unumstritten geblieben ist – was aus unserer Sicht eher auf Schwächen aktueller Feuilletonisten als des Romans und seines Autors schließen lässt. Gerade angesichts der allzu oft kopflastigen und wenig originellen Prosa, mit der uns deutsche Verlage in diesen Tagen der großen Literatur entwöhnen, wirkt die Cartarescu-Lektüre wie der Sprung in andere, unendlich reichhaltigere und aus zeitlosen Inspirationsquellen hervorsprudelnde Welten, in … > Weiterlesen
Kategorie: Bücher
Jenseits aller Zeit
Sebastian Barry gehört zu den meistgelesenen, vielfach ausgezeichneten und sprachlich gewandtesten irischen Autoren der Gegenwart, wenngleich er in Deutschland noch vergleichsweise wenig bekannt ist. In seinen Romanen verknüpft er psychologisches Feingefühl sowie anspruchsvolle Stilistik und Sprache mit Elementen einer unterhaltsamen Kriminalliteratur. Held seines bei Steidl in deutscher Übersetzung erschienenen neuen Romans ist ein alternder Kriminalbeamter, der sich in den Anbau einer Burg an der Irischen See zurückgezogen hat, um in einsamer Natur seinen Ruhestand zu genießen. Doch an einem stürmischen Frühlingstag melden sich zwei ehemalige Kollegen bei ihm, um ihn zu einem lange zurückliegenden Mordfall zu befragen. Sie reißen damit nicht nur alte Wunden bei dem pensionierten Kollegen auf, der … > Weiterlesen
„Das Wesen des Lebens“ ist das fulminante Romandebüt der finnischen Literaturwissenschaftlerin und Wissenschaftshistorikerin Iida Turpeinen. Das Buch wurde bzw. wird derzeit in knapp 30 Sprachen übersetzt. Seine außergewöhnliche Heldin ist die ausgestorbene „Stellersche Riesenseekuh“, deren massigem Skelett man bis heute in einigen Naturhistorischen Museen Europas begegnen kann, u.a. in Helsinki, wo es die Autorin zu ihrem Roman inspiriert hat. Ausgangspunkt des Textes ist die „Zweite Nordische Expedition“ von Vitus Bering, die in erster Linie der Suche nach einem nördlichen Seeweg vom Pazifik in den Atlantik gewidmet gewesen ist und während der Bering im Dezember 1741 auf der darauf nach ihm benannten Bering-Insel starb. Mitglied der vom russischen Zaren beauftragten Expedition … > Weiterlesen
Der mehrfach preisgekrönte englische Naturschriftsteller Adam Nicolson – in Deutschland vor allem bekannt durch sein großartiges Buch Der Ruf des Seevogels, das an dieser Stelle bereits ausführlich besprochen worden ist – outet sich in seinem neuen Buch als Inselbesitzer. Drei unbewohnte Inseln der Äußeren Hebriden, die als Weide für Schafe dienen, hat er von seinem Vater zum 21. Geburtstag geschenkt bekommen und seitdem bei regelmäßigen Besuchen erkundet, beobachtet und ihre Tierpopulationen beschrieben. In seinem neuen Buch Seeraum. Ein schottisches Inselleben nähert sich Nicolson den Shiant Islands in immer neuen Anläufen – einmal spürend mit poetischem Einfühlungsvermögen, dann in Begleitung von Geologen und Archäologen, die ihn über Inselgäste in Zeiten … > Weiterlesen
Als Entdecker der sogenannten Kontinentaldrift gehört der 1880 in Berlin geborene Physiker, Astronom, Meteorologe und Polarreisende Alfred Wegener zu den Säulenheiligen der modernen Wissenschaftsgeschichte. Sein Name ziert Straßen und Institute, und auch ein Mondkrater wurde nach ihm benannt. Der Wissenschaftsjournalist Günther Wessel hat Wegeners Biographie und seinem Wirken jetzt ein im mare Verlag erschienenes Buch gewidmet. Aus diesem erfährt man, dass dieser bei weitem kein Wissenschaftler war, der die Welt aus der sicheren Deckung seines Schreibtischs beobachtet hat, sondern ein Draufgänger und Abenteurer vom Schlag der Polreisenden Amundsen und Scott. Wegener stellte Rekorde bei Ballonreisen und Durchquerungen von Inlandeismassen auf. Bei der bis dahin längsten Grönlanddurchquerung entging er nur knapp … > Weiterlesen
Erik der Rote ist als mittelalterlicher Amerikareisender und – aus europäischer Perspektive – eigentlicher Entdecker der sogenannten „Neuen Welt“ eine halb mythische, halb historische Figur. Denn tatsächlich sind kaum Einzelheiten über sein Leben bekannt – das Wenige, was darüber überliefert ist, stammt aus späteren altisländischen Sagas, wobei er nur in einer, ohnehin sehr kurzen Saga tatsächlich die Hauptrolle spielt. Umso mehr ist zu begrüßen dass der norwegische Historiker und Religionswissenschaftler Øystein Morten, bekannt als Autor mehrerer erfolgreicher populärwissenschaftlicher Bücher, der Figur Erik des Roten ein ausführliches Buch gewidmet hat, das im Kröner Verlag nunmehr auch in deutscher Übersetzung vorliegt. Morten bedient sich dabei des stilistischen Tricks, dass er seinen historischen … > Weiterlesen
Die Mediävistin und Literaturwissenschaftlerin Jóhanna Katrín Friðriksdóttir unterrichtete an der Yale und der Harvard Universität sowie in Reykjavik und arbeitet derzeit an der Norwegischen Nationalbibliothek. Dass zu ihren Interessen neben der Geschichte der Wikinger und der isländischen Saga-Literatur auch Aspekte der Gender Studies gehören, prädestiniert sie für ein Thema, das in der Literatur bisher eher mythologisch befrachtet und unterbelichtet ist: die Lebenswelt der Frauen der Wikinger, die immerhin nicht nur in traditionellen Frauenrollen, sondern auch als Herrscherinnen und Dichterinnen bezeugt sind. Ob und inwieweit der Obertitel „Walküren“ dabei ein Stückweit auf eine falsche Fährte führt und eher mit Blick auf Verkaufszahlen und einen breiten Interessentenkreis gewählt worden ist, mag dahingestellt … > Weiterlesen
99 Euro für ein einzelnes Buch sind kein Pappenstiel. Aber die Herausgeber dieses opulentes Bildbandes mit außergewöhnlichen Karten aus dem Bestand der Universität Leiden wissen zweifelsohne um den Rang ihrer Exponate, und auch die aufwendige Herstellung eines derartigen Bandes mit hundert Karten aus tausend Jahren Weltgeschichte schlägt sich notgedrungen im Verkaufspreis nieder. Neben reichlich illustrierten Weltkarten, die zuweilen an die Grenze von bildnerischen Kunstwerken geraten, sind auch Seekarten und Stadtpläne vertreten, die nicht nur die Ergebnisse von Entdeckungsreisen und Vermessungen, sondern auch die reichhaltigen und immer wieder die Grenzen ins Phantastische überschreitenden Geschichten von fernen Ländern und Kontinenten widerspiegeln.… > Weiterlesen
Die in der Reihe Die andere Bibliothek neu aufgelegten Bornholmer Novellen von Martin Andersen Nexö erschienen 1901. Der 1869 in einem der ärmsten Viertel Kopenhagens zur Welt gekommene Dichter hatte seine Kindheit und Jugend in Nexö auf der Insel Bornholm verbracht, dort den Beruf eines Schusters erlernt und die unter den Inselbewohnern kursierenden Geschichten neugierig aufgesogen. Mit dem Fokus auf das einfache Volk und seine oft tragikomisch wirkenden Helden knüpft er an Vorbilder des literarischen Realismus in anderen europäischen Ländern, aber auch an seinen Landsmann Johannes Jensen an, der 1898 den ersten Band seiner Himmerlandgeschichten publiziert hat und später den Literaturnobelpreis erhielt.
Das Leben auf der dänischen Insel am Ende … > Weiterlesen
Das Geheimnis der See
Das in den letzten Jahren wieder erwachte Interesse an Bram Stoker hat nicht nur mehrere Neuausgaben seines Dracula-Romans mit sich gebracht, sondern auch zur Entdeckung weit weniger bekannter Werke des Meisters und Taktgebers des modernen Vampir-Romans geführt. Vor einigen Jahren überraschte der mare-Verlag bereits mit dem feinen Bändchen Der Zorn des Meeres, in dem Stoker seine außerordentliche Kenntnis und Einfühlungskraft in das Leben an und auf dem Meer in expressiven Sprachbildern deutlich macht. Nun liegt auch sein vor der Steilküste von Cruden Bay im schottischen Aberdeenshire angesiedelter Abenteuer- und Gruselroman Das Geheimnis der See in einer Neuübersetzung vor. Eine dem vorherigen Buch vergleichbare literarische Auseinandersetzung mit der Naturgewalt … > Weiterlesen