Kategorie wählen:
Blog-Kategorien:
Kategorien
Belletristik

Der letzte seiner Art

Sibylle Grimbert

Die französische Schriftstellerin und Verlegerin Sibylle Grimbert hat sich in ihrem in Frankreich preisgekrönten und nunmehr in deutscher Übersetzung vorliegendem Roman ein ungewöhnliches Thema vorgenommen: die Beziehung eines Naturforschers zu einem vom Aussterben bedrohten Vogel, dem titelgebenden „letzten seiner Art“. Die Handlung spielt im Jahr 1835, und zumindest das darin auftretende Tier, der seit 1844 als ausgestorben geführte „Riesenalk“, eine dem Pinguin verwandte Vogelart, ist belegt. Der vom Naturhistorischen Museum in Lille nach Island entsandte Zoologe Gus wird Zeuge, wie die Vögel dort von rohen Seeleuten massakriert werden, nimmt sich in der Folge eines verletzten jungen Alks an und begreift allmählich, dass er sich in diesem dem vermutlich letzten Überlebenden … > Weiterlesen

Kategorien
Belletristik

Weil da war etwas im Wasser

Luca Kieser

Der Autor Luca Kieser ist Jahrgang 1992, wuchs in Tübingen auf und hat zunächst in Heidelberg Philosophie, danach in Leipzig am dortigen Literaturinstitut studiert. Zurecht wurde sein in diesem Jahr erschienener Debütroman Weil da war etwas im Wasser für den Deutschen Buchpreis nominiert, leistet Kieser doch etwas, was gerade unter jungen Autoren inzwischen Seltenheitswert hat: nämlich sprachlich zu experimentieren. In Zeiten künstlicher Intelligenzen, medialer Vernetzung und im virtuellen Raum generierender Sprachen, steht der personale Erzähler klassischer Bauart inzwischen wie ein exotisches Zootier aus ferner Vergangenheit da. Warum ihn also nicht durch einen Riesenkalmar ersetzen, der in jedem seiner Fangarme ein eigenes Gehirn hat und nach der Berührung mit einem Tiefseekabel … > Weiterlesen

Kategorien
Belletristik

Halbmondzeit

Michael Schroeder

Es geschieht nicht häufig, dass ein 69-Jähriger auf der Bühne des Literaturbetriebs debütiert. So geschehen im Fall der im Berliner Elfenbein-Verlag erschienenen Erzählung Halbmondzeit von Michael Schroeder. Hinzuzufügen ist freilich, dass dem Autor als gestandenem Historiker und Altphilologen die literarische Bühne nicht ganz fremd gewesen ist. Er trat u.a. als Autor einer Biographie der Sappho von Lesbos, „Europas erster Dichterin“, in Erscheinung und übersetzte Gedichte des bedeutenden griechischen Lyrikers Konstantinos Kavafis (1863-1933). Überdies führten ihn zahlreiche Forschungsreisen in den Mittelmeerraum von Süditalien über Griechenland und die Schwarzmeerländer bis in den Nahen Osten. Die daraus resultierende Vertrautheit mit mediterraner Landschaft, Kultur und Literatur ist seinem nun vorliegenden Buch deutlich anzumerken – … > Weiterlesen

Kategorien
Belletristik

Tasmanien

Paolo Giordano

Der italienische Autor Paolo Giordano wurde durch seinen Bestseller Die Einsamkeit der Primzahlen bekannt, mit dem er 2008 debütierte und für den er ad hoc den renommierten Premio Strega erhielt. Ein interessanter Aspekt seiner Biographie besteht darin, dass er promovierter Teilchenphysiker ist, entsprechend spielen naturwissenschaftliche Themen wie auch die Persönlichkeiten von Wissenschaftlern in seinen Werken eine wesentliche Rolle. Dass er diese sprachlich gewandt und genuin literarisch darzubieten vermag, macht das Erfolgsgeheimnis seiner Bücher aus. Das Thema seines neuen Romans ist – ganz allgemein gesprochen – die in zahlreichen Facetten von Umweltzerstörung über Terroranschläge und seltsame Viren bis hin zu eskalierenden Kriegen drohende Apokalypse – mit einem Zitat aus dem Roman … > Weiterlesen

Kategorien
Belletristik

Die Abtrünnigen

Abdulrazak Gurnah

Der von der Insel Sansibar stammende Abdulrazak Gurnah war in Deutschland den Lesern nahezu unbekannt, als er 2021 den Literatur-Nobelpreis erhielt. Seitdem bringt der Penguin-Verlag Neuauflagen seiner großen Romane, zuletzt Die Abtrünnigen, der im Original 2006 erschien. Wie bei den zuvor veröffentlichten Titeln Ferne Gestade und Das verlorene Paradies handelt es sich auch hier um eine poetische Welterkundung aus ostafrikanischer Perspektive, die zugleich das globale Geschehen des 20. Jahrhunderts spiegelt. Schauplatz des Romans ist Sansibar zur Zeit der Unabhängigkeitsbewegung in den 1950er Jahren, und wie in allen Werken Gurnahs begegnen sich darin halb legendäre familiäre Vorgeschichten, Referenzen auf die orientalische wie auch europäische Literaturtradition und die Verwerfungen infolge der … > Weiterlesen

Kategorien
Belletristik

Dein Fortsein ist Finsternis

Jón Kalman Stefánsson

Der isländische Autor Jón Kalman Stefánsson hat in den letzten Jahren schon mit mehreren gleichermaßen spannenden und sprachmächtigen Romanen auch unter der deutschen Leserschaft Aufmerksamkeit erregt, die bekanntlich seit dem fulminanten Auftritt Islands als Gastland der Frankfurter Buchmesse 2011 ein inniges Verhältnis zu den Schriftstellern der Insel (und keineswegs nur den namhaften Krimiautoren) pflegt. In unserem Sortiment finden sich auch seine früheren Romane Etwas von der Größe des Universums und Astas Geschichte. Jetzt hat der Piper-Verlag den Roman Dein Fortsein ist Finsternis nachgelegt. Dieser dreht sich um einen Mann, der in einer abgelegenen Kirche in einer einsamen Küstenlandschaft zu sich kommt und vergessen hat, wer er ist. Die Suche … > Weiterlesen

Kategorien
Belletristik

Der Geigenbauer

Edvard Hoem

Der norwegische Schriftsteller Edvard Hoem, geboren 1949, zählt zu den in Norwegen meistgeschätzten Autoren und wurde für sein Werk mit mehreren renommierten Literaturpreisen geehrt. In den letzten Jahren hat er sich insbesondere Stoffen aus seiner eigenen Familiengeschichte zugewendet und mit episch ausgreifenden Schilderungen der betreffenden Begebenheiten und Figuren mehrere norwegische Bestseller gelandet. In Deutschland hat sich der Verlag Urachhaus seines Werkes angenommen und nach Die Hebamme (inzwischen auch als Taschenbuch aus dem Unionsverlag verfügbar) ist nunmehr Der Geigenbauer erschienen. Lag der Figur der Hebamme die Geschichte seiner Ururgroßmutter zugrunde, ist Hoem diesmal einem 1782 geborenen Vorfahren auf der Spur, der um 1800 im von Armut und Krieg gezeichneten ländlichen Norwegen … > Weiterlesen

Kategorien
Belletristik

Rosa Schleim

Fernanda Trías

Die uruguayische Autorin Fernanda Trías, die unterdessen in Frankreich lebt, veröffentlichte in den letzten zwanzig Jahren mehrere Romane. Für Rosa Schleim, im spanischen Original erschienen 2020, erhielt sie den renommierten Preis der mexikanischen Buchmesse in Guadalajara. Die Handlung des Romans ist in einer Hafenstadt angesiedelt, die unverkennbare Züge von Trías Heimatstadt, der uruguayischen Hauptstadt Montevideo trägt, und darf dem in den letzten Jahren fluktuierenden Genre der Dystopie zugeordnet werden. Beginnend mit der massenhaften Verbreitung violetter Algen und einem nachfolgenden Fischsterben kommt es in der Stadt zu einer zivilisatorischen Katastrophe, in der sich aktuelle Erfahrungen von Pandemie, Umweltzerstörung, Massentierhaltung, Medienmacht und sozialer Spaltung spiegeln und im apokalyptischen Bild eines rosafarbenem … > Weiterlesen

Kategorien
Belletristik

Tochter einer leuchtenden Stadt

Defne Suman

Wichtige Bücher werden heutzutage nicht nur deswegen übersehen, weil sie in kleinen unabhängigen Verlagen erscheinen, die nicht über die Marketingbudgets der dominierenden Großverlage verfügen. Sie können auch dadurch aus dem Blick geraten, dass sich Großverlage der Rechte dafür bemächtigen, dies aber in Verkennung der eigentlichen Zielgruppe und literarischen Qualitäten tun. So offenbar geschehen im Fall des Debütromans der türkischen Autorin Defne Suman, der im Original unter dem Titel Emanet Zaman (etwa „Die Sicherheit der Zeit“) und in den USA unter dem poetischen Titel The Silence of Scheherezade erschien und der nunmehr im zur Ullstein-Gruppe gehörigen List-Verlag in deutscher Übersetzung vorliegt. Der an gängige Unterhaltungsromane für Frauen erinnernde rosa Umschlag und … > Weiterlesen

Kategorien
Belletristik

die schönsten versprechen

Doris Runge

Die Lyrik von Doris Runge zeichnet sich seit jeher durch eine besondere Beziehung zur Ostsee aus, und auch in ihrem neuen Gedichtband kommt die Autorin in wiederholten poetischen Annäherungen darauf zurück. Das hat sicher damit zu tun, dass Runge schon seit ihrer Kindheit in Schleswig-Holstein zu Hause ist – auch beim zeitweisen Umzug nach Ibiza in den 1970er Jahren verlor sie das Meer nicht aus dem Blick. Man könnte sagen, dass sich das anrollende Meer und die Strände mit ihren vielfältigen Erscheinungsformen und Organismen unter den Augen der Autorin als Metaphern eines existenziellen Geschehens entpuppen. In den Momentaufnahmen ihrer Gedichte fängt sie etwas Anderes, Größeres ein, das unser geordnetes Weltwissen … > Weiterlesen