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Nostalgie. Wann sind wir wirklich zuhause?

Barbara Cassin

Das Spannungsfeld zwischen Heim- und Fernweh, Nostalgie und Sehnsucht ist Thema des neuen Buches der französischen Philosophin und Altphilologin Barbara Cassin, in dem sie einen Bogen von der Heimkehr des Odysseus zu modernen Zuschreibungen von Heimat und „Anderem“ schlägt. In ihrem lesenswerten Essay spielen nicht zuletzt diverse Inseln von Ithaka bis Korsika (dem mit Heimatgefühl konnotierten Ferien- und Fluchtort der Autorin) eine wichtige Rolle. Dabei geht es der an Überlegungen von Martin Heidegger und Hannah Arendt geschulten französischen Philosophin keineswegs um eine kulturkritische Abfertigung postmoderner Sentimentalitäten. Vielmehr stellt sie die Ambivalenz und Vieldeutigkeit der Nostalgie auf den Prüfstand und überrascht dabei mit subtilen Korrespondenzen zu den antiken Vorbildern der Odyssee und von Vergils Aeneis, die üblichen Lesarten derselben entgehen. Schon mit ihrer Erklärung der aus der Deutschschweiz herrührenden, ins 17. Jahrhundert zurückreichenden und anfangs medizinischen Begriffsbildung „Nostalgie“ weiß Cassin zu Beginn ihres Buches zu überraschen – der Auftakt zu einer Folge feiner und immer wieder verblüffender Beobachtungen zum Thema. Neben dem Heimkehrer Odysseus, der nach 17 Jahren Krieg und Irrfahrt wieder auf der heimischen Insel anlangt (um sie womöglich schon am anderen Tag wieder zu verlassen), und Vergils Aeneas, der nach der Flucht aus Troja auf der italienischen Halbinsel heimisch wird, ist es insbesondere die nach Amerika emigrierte deutschjüdische Philosophin Hannah Arendt, die Cassins Reflexionen über Nostalgie und Heimat inspiriert.