Die Neuen Erzählungen von der goldenen Schildkröte (Kŭmo sinhwa) gelten in Korea – obwohl sie noch im von der mittelalterlichen Hochkultur gepflegten Schriftchinesisch, nicht Koreanisch verfasst sind – als Meilenstein des nationalen literarischen Kanons. Entstanden in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sind sie auch in der Folgezeit von zahlreichen Autoren aufgegriffen und literarisch adaptiert worden. Der Reclam-Verlag hat nun erstmals eine – auch ästhetisch ansprechende – deutsche Übersetzung dieses Klassikers der ostasiatischen Literatur vorgelegt. Es handelt sich um eine Folge von – teilweise auf entlegenen Inseln angesiedelten – Geister- und Göttergeschichten, die der Autor in den Dienst philosophischer Belehrungen stellt, welche insbesondere die damaligen Debatten zwischen Konfuzianern und Buddhisten um die wahre Lehre spiegeln. Kim Sisŭp (1435–1493) selbst hat im Verlauf seines Lebens offenbar zum Teil der einen, zum Teil der anderen der widerstreitenden philosophischen Grundrichtungen angehangen, was sich in der Tiefe und Widersprüchlichkeit seiner Auseinandersetzung damit niederschlägt.
Kategorien