Der Roman Kurz vor dem Vergessen der jungen französischen Schriftstellerin Alice Zeniter erschien in Frankreich bereits 2015 und liegt jetzt in deutscher Übersetzung vor. Zeniter wurde dem deutschsprachigen Publikum vor zwei Jahren durch ihren autobiographisch inspirierten, die Geschichte einer algerisch-stämmigen französischen Familie aufgreifenden Roman Die Kunst zu verlieren bekannt. Nun hat der Berlin-Verlag auch ihren in Frankreich bereits zuvor erschienenen Roman herausgebracht – in chronologischer Zählung der vierte der bei Erscheinen noch nicht einmal dreißigjährigen Autorin, die ihr erstes publiziertes Buch noch als Schülerin verfasst hat.
Die sublime Mischung von sprachlicher Gewandtheit und formaler Experimentierfreude mit existenziellen Themen und ausgesprochenem Lesevergnügen weisen Zeniter als begnadete Erzählerin aus, der komplexe Wahrnehmung wie auch Sprachbegabung offenbar in die Wiege gelegt worden sind. Die Handlung ist auf einer fiktiven Hebriden-Insel angesiedelt, vor deren exotischer Kulisse sie sich um eine Vielzahl hochaktueller Debatten dreht: Geschlechterrollen und Chancen zwischenmenschlicher Beziehungen ebenso wie Inseln, Schriftsteller und modernen Wissenschaftsbetrieb. Der jungen Literaturwissenschaftlerin Émilie, die eben auf dem Sprung an die renommierte Universität Cambridge steht, haben es Leben und Werk des legendenumwobenen schottischen Autors Galwin Donnell angetan, der in der Einsamkeit der Insel Mirhalay seine letzten Lebensjahre verbrachte und dort unter mysteriösen Umständen verschwand. Ihrem Freund Franck, gebürtiger Franzose sowie Krankenpfleger mit familiären Sehnsüchten und Kinderwunsch, fällt es an der Seite der aufstrebenden jungen Intellektuellen nicht leicht sich selbst zu orientieren. Als Émilie schließlich die Organisation der auf Mirhalay stattfindenden Galwin-Donnell-Studientage mit internationalem Kolloquium der weltweiten Donnell-Gemeinde übernimmt, spitzen sich die Dinge zu, und zwar in jeglicher Hinsicht…