Der italienische Schriftsteller Cesare Pavese wurde 1908 in einem Dorf in Piemont geboren und beging 1950 – kurz nachdem er für seine Romantrilogie La bella estate („Der schöne Sommer“) den renommierten Premio Strega erhalten hatte, Selbstmord. Er ist gleichermaßen für seine in der ländlichen Sphäre des Piemont angesiedelten Erzählungen und Kurzromane wie als Lyriker bekannt geworden. 1936 erschien sein erster Gedichtband unter dem Titel Lavorare stanca (zu deutsch sinngemäß: „Arbeiten ermüdet“ bzw. in der literarischen Übersetzung „Knochenarbeit“), der auch Reminiszenzen an das Meer und das Seefahrerdasein enthält, etwa in dem Gedicht Die südlichen Meere. Pavese entfaltet die darin anklingende Motivwelt – von der Sehnsucht nach Ferne und weiten Reisen über Erfahrungen von Einsamkeit bis zu solchen der Vergeblichkeit bei der Rückkehr in einer an Walt Whitmanns Gedichten orientierten eigenwilligen lyrischen Form, die er selbst „poesia-racconto“ – „Erzählpoesie“ nennt. Ziel ist die Auflösung der traditionellen Verkopplung von Gedichtsprache und individueller Erfindung, mit anderen Worten der Versuch einer Objektivierung des Poetischen. Im konkreten Gedicht wird das Thema entsprechend nicht von einem „lyrischen Ich“, sondern in der Form einer Unterhaltung mit einem über das Meer gereisten Vetter entfaltet. Für die nun im Atlantis-Verlag erschienene Neuausgabe der Gedichte Paveses hat sich die Schriftstellerin Dagmar Leupold zum wiederholten Mal der nicht einfachen Aufgabe einer Übersetzung der eigenwilligen poetischen Sprache Paveses gestellt und ihre vorliegenden Übersetzungen grundlegend überarbeitet.
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