Der amerikanische Sachbuchautor David Grann hat bereits mehrere überaus erfolgreiche Sachbücher gelandet, und auch für sein neuestes haben sich, wie man hört, Martin Scorsese und Leonardo di Caprio bereits die Filmrechte gesichert. Sein Thema ist das Geschehen auf einem englischen Kriegsschiff, das 1740 mit dem Ziel in See stach, vor der Küste Chiles spanische Handelsschiffe zu attackieren – aus heutiger Sicht und Redeweise ein schlichter Akt von staatlichem Terrorismus. Indes hat die „Wager“ nie ihr geheimes Ziel erreicht, sondern strandete kurz nach der Passage von Kap Hoorn im Sturm vor einer unbewohnten Insel. Was sich dort in der Folgezeit genau zugetragen hat, ist nur schwer zu rekonstruieren, da es zwei höchst unterschiedliche Überlieferungen gibt. Die eine Version stammt von 30 Besatzungsmitgliedern, die mit einem aus Wrackteilen der „Wager“ gezimmerten Segelboot nach Brasilien und von dort zurück nach England gelangten und sich als die Überlebenden des Schiffbruchs ausgaben. Die andere geht auf drei Männer zurück, die ein halbes Jahr später über Chile nach England zurückkehrten und die vorgenannten der Meuterei bezichtigten. Am Ende des Buches treffen sich beide Parteien vor einem englischen Marinegericht. Angesichts der alle im englischen Mutterland hochgehaltenen zivilisatorischen Maßstäbe Hohn sprechenden Berichte der Überlebenden – bis hin zu solchen über Kannibalismus – zeigt indes auch das Gericht kein sonderliches Interesse, dass „die Wahrheit“ tatsächlich an den Tag kommt. David Grann erzählt das vermeintliche Geschehen an Bord und auf der Insel im Stil eines Abenteuerromans. Dass auch der Übersetzer Rudolf Mast dafür den passenden deutschen Ton findet, dürfte wesentlich zum Erfolg auch auf dem deutschen Buchmarkt beigetragen haben.
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