Joseph Conrads 1897 erschienener Roman The Nigger of the „Narcissus“, ein Klassiker der Seefahrerliteratur, liegt in der Klassikerreihe aus dem mare-Verlag jetzt in einer hervorragenden Neuübersetzung von Mirko Bonné unter dem Titel Der Niemand von der „Narcissus“ vor. Bonnés Verdienst besteht dabei keineswegs nur in einer deutschen Namens- und Titelfindung, die dem Druck zur „politisch korrekten“ Umschrift in unseren Ohren „rassistisch“ anmutender Vokabeln Rechnung trägt, ohne deswegen die Vieldeutigkeit und Sprachmelodie des Originals zu opfern. Rühmenswert ist seine Neuübersetzung vor allem deswegen, weil sie Umgangsformen und Redensarten der Seeleute, wie sie der Autor aus eigenem Erleben schildert, in zeitgemäßen und niemals gekünstelt wirkenden deutschen Formulierungen lebendig hält. Ist es doch genau dies, was Conrads Seefahrer-Romane im Vergleich zu anderen Titeln des Genres so herausragend erscheinen lässt: dass hinter den „rauen“ Gebräuchen von Wetter und existenziellen Erlebnissen gehärteter und wortkarger Männer das komplexe Wunder des menschlichen Wesens mit allem dazugehörigen Gefühlsleben spürbar wird. Nimmt man die bibliophile Verarbeitung mit Leineneinband, Lesebändchen und Schuber dazu, stellt die neue mare-Ausgabe schon beinahe ein Muss für jede einigermaßen anspruchsvolle maritime Bibliothek dar.
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