Eine der berühmtesten finnischen Autorinnen ist Eeva-Liisa Manner (1921-1996), die vor allem als Lyrikerin bekannt wurde, aber auch als Autorin von Romanen und Dramen. Sie gilt als diejenige Autorin, die Finnland in die literarische Moderne geführt hat. Nebenbei hat sie u.a. Werke von Shakespeare, Kafka und Hermann Hesse ins Finnische übersetzt. Im Jahr 1951 ist ihr erster Roman erschienen, der gut 70 Jahre nach seinem Erscheinen und 30 Jahre nach dem Tod der Autorin nun erstmals ins Deutsche übersetzt worden ist: Das Mädchen auf der Himmelsbrücke.
Auch wenn sich Manners Debütroman über weite Strecken um existenzielle Zweifel, Melancholie Trauer und Wehmut dreht, stößt der Leser darin immer wieder auch Schilderungen von kristalliner Schönheit und Eindrücke tiefen Glücks. Schauplatz der Geschichte ist die Ostseestadt Viipuri im finnischen Karelien, wo die neunjährige Leena, Hauptfigur des Romans, zu Hause ist. Die Eindrücke von Tristesse und Verlorenheit, die diese immer wieder einholen, sind autobiographisch grundiert, in dem die karelische Küstenstadt für die verlorene Heimat der Autorin steht, die im sogenannten Winterkrieg 1940/41 von der Sowjetunion besetzt worden ist. Die Heldin des Romans wandelt gleichsam zwischen Himmel und Erde bzw. zwischen poetischer Fantasie und ernüchternder Wirklichkeit. Während ihre kalt, düster und bedrohlich erscheint, eröffnen ihr alle möglichen Begegnungen und Gedanken und nicht zuletzt die kirchliche Orgelmusik eine andere Welt voller darin verborgener Wunder.