Paul, von Beruf Dekorateur und Held von Christian Krachts jüngstem Roman, hat seine Heimat Schweiz mit den Orkney-Inseln getauscht, wo er für ein Design-Magazin arbeitet. Von diesem erhält er einen merkwürdigen, gleichwohl gut dotierten Auftrag, der ihn nach Norwegen führt, wo er einem Datenzentrum einen Innenanstrich von außerordentlichem Weiß verpassen soll. Dass der Held bald darauf in einem zweiten Erzählstrang auftaucht, der in einem mythologisch-urzeitlich anmutenden Mittelalter spielt, lässt darauf schließen, dass die Reise nach Norwegen ihn über dieses Ziel hinaus an ganz andere Orte führt. Schuld ist ein schwerer Sonnensturm, der offenbar den gewohnten Zeitablauf durcheinandergebracht hat. Zusammen mit einem Mädchen namens Ildr, das ausgezeichnet mit dem Bogen schießen kann, durchstreift der Held fortan eine archaische Märchenwelt, die die postmoderne, aus der er herkommt, konterkariert. Inwieweit sich Krachts literarische Phantasie in dieser Anderswelt verliert oder sie vielmehr mit Querverweisen von germanischer Mythologie bis Fantasy und KI zum vieldeutigen literarischen und philosophischen Sinnbild erhebt, blieb unter den Kritikern umstritten und mag jedem Leser selbst zu entscheiden überlassen sein.
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