Kategorien
Aktuelle Buchempfehlungen Belletristik

Tokyo Sympathy Tower

Rie Qudan

Schon seit einigen Jahren lässt sich eine Tendenz zu unmittelbar an die Gegenwart anschließender, sich im gesellschaftlichen Raum schon beinahe aktualisierender Science Fiction ausmachen. Rie Qudans Tokyo Sympathy Tower, von der renommierten Übersetzerin Ursula Gräfe ins Deutsche übertragen, ist ein solches Buch und spielt auf hohem intellektuellen und literarischen Niveau mit paradoxen, durch brüchige moralische Imperative stimulierten Diskursen. Im Mittelpunkt stehen eine Architektin und der von ihr entworfene „Tokyo Sympathy Tower“, der inmitten der japanischen Hauptstadt errichtet wird. Dieser soll als eine Art Muster- und Wohlfühlgefängnis fungieren: die dort inhaftierten Straftäter, zeitgemäß verstanden als bemitleidenswerte, aufgrund der gesellschaftlichen Umstände straffällig gewordene Randgruppe, erwartet anstelle eines entbehrungsreichen Zellendaseins empathisches Entgegenkommen, Inklusionsstrategien und KI-gestützte diskriminierungsfreie Kommunikation. Nach eigenen Angaben hat die Autorin bei der Verfassung ihres Buches tatsächlich KI benutzt und durch die Einbindung der entsprechenden Zitate ein Textgebilde geschaffen, dass den heutigen Verflechtungen von Political Correctness und technologisch gestützter Psychopathologie auf schönste Weise den Spiegel vorhält. In Japan hat sie für ihr Werk den renommierten Aktagawa-Preis erhalten.

Verlag:
Hoffmann & Campe
Einband:
gebunden
Seitenzahl:
160
Preis:
23