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Belletristik

Seemannslied

Ken Kesey

Der amerikanische Autor Ken Kesey ist hiesigen Lesern vor allem durch sein Anfang der 1960er Jahre erschienenes Kultbuch Einer flog über das Kuckucksnest bzw. dessen kongeniale Verfilmung durch Milos Forman vertraut. Über sein sonstiges Leben weiß man vor allem, dass es im Zeichen von Aussteigertum, Drogenexperimenten und mehreren damit verbundenen Strafverfahren stand. Nun hat sich der kleine Berliner März-Verlag seines kaum bekannten dritten Romans Sailer Song angenommen, der in den USA bereits 1992 erschien und nun unter dem Titel Seemannslied erstmals auf Deutsch vorliegt. Schauplatz des Romans ist eine fiktive Küstenstadt in Alaska, die nach der dortigen Verfilmung eines bekannten Kinderbuches Gefahr läuft, zu einer „Kulissenstadt“ für Touristen zu werden. Interessanterweise hat Kesey sein Buch als Dystopie angelegt, die sich präzise in unserer Gegenwart zuträgt. Auf 700 Seiten lotet der Autor die einem solchen Schicksal entgegenstehenden Potenziale in Gestalt melancholischer Helden, skurriler Phantasie, ursprünglicher Wildheit und übriger Utopien eines anderen Lebens aus – und nimmt dabei vieles vorweg, was heute tatsächlich im Brennpunkt der Debatten steht.