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Theodoros

Mircea Cartarescu

Der rumänische Schriftsteller Mircea Cartarescu wird unter Literaturliebhabern schon seit seinem 2019 erschienenen Roman Solenoid als heißer Anwärter auf den Literaturnobelpreis gehandelt. Mit seinem neuen, knapp 700 Seiten starken Roman Theodoros hat er diesen Anspruch untermauert, auch wenn sein jüngstes Meisterwerk aufgrund seines „barocken“ und „unzeitgemäßen“ Sprachzaubers im Feuilleton nicht unumstritten geblieben ist – was aus unserer Sicht eher auf Schwächen aktueller Feuilletonisten als des Romans und seines Autors schließen lässt. Gerade angesichts der allzu oft kopflastigen und wenig originellen Prosa, mit der uns deutsche Verlage in diesen Tagen der großen Literatur entwöhnen, wirkt die Cartarescu-Lektüre wie der Sprung in andere, unendlich reichhaltigere und aus zeitlosen Inspirationsquellen hervorsprudelnde Welten, in denen sich die menschliche Kreatur als gleichermaßen göttlich und gespalten und noch in ihrer Neigung zum Irrsinn allen postmodernen „Usern“ haushoch überlegen beweist. Schon die Zeugung des namensgebenden, später zum Kaiser Äthiopiens aufsteigenden Helden in einer Scheune der Walachei des 19. Jahrhunderts reiht sich zu den schönsten Sexszenen der Weltliteratur. Und was Theodoros auf seinem Weg von Rumänien über die Levante nach Äthiopien an haarsträubenden Geschichten in sich aufnimmt und verinnerlicht, mutet wie ein ungebremster Erzählstrom aus denselben poetischen Quellen an, aus denen sich schon das Alte Testament gespeist und in denen die literarische Romantik den Ursprung der Poesie vermutet hat – wozu nicht zuletzt die kongeniale Übersetzung des rumäniendeutschen Schriftstellers Ernst Wichner beiträgt. Dass dabei auch exzentrische Seefahrer ihre Rollen haben und über halbmythische Inseln fabulieren, versteht sich von selbst und gibt uns das Recht, Cartarescus sprachgewaltigen Roman auf dieser Seite als ideale Lektüre für die übrigen langen Winternächte zu empfehlen – auch wenn sein männlicher Held auf den Zeitgeist des 21. Jahrhunderts pfeift und von einer diesem als übel geltenden Sorte ist.

Verlag:
Zsolnay
Einband:
gebunden
Seitenzahl:
672
Preis:
38 €