Marino Moretti, der 1885 in Cesenatico, einer nahe Rimini gelegenen Stadt an der Adria, zur Welt kam, und ebendort 1979 hochbetagt verstarb, gehört in Italien zu den bekanntesten Autoren. In Deutschland ist er indes nahezu unbekannt. Der umtriebigen Übersetzerin, Italienkennerin und Verlegerin Monika Lustig und der von ihr gegründeten, auf Literatur aus dem Mittelmeerraum fokussierten Edition Converso ist zu verdanken, dass nunmehr erstmals ein Roman von ihm in deutscher Übersetzung vorliegt. Die vorlaute Fischhändlerin erschien in Italien 1935 und entführt den Leser mit ergreifenden poetischen Bildern in das Milieu eines italienischen Hafenstädtchens und seiner Bewohner vor etwa hundert Jahren (inklusive Abstechern in die weitere Umgebung und bis nach Venedig). Unter den ortsansässigen Fischhändlern wird, wie es an einer Stelle des Buches heißt, gern „dick aufgetragen“. Nachdem „Lo Zio“ (der „Onkel“), seines Zeichens die unbestrittene Nummer 1 unter den Fischhändlern, gestorben ist und nichts als Schulden hinterlassen hat, muss sich seine Witwe Andreana in der patriarchalischen Fischerwelt behaupten. Nachdem auch ihre Ehe mit einem anderen, gleichfalls verwitweten Fischhändler nur zu neuen existenziellen Sorgen führt, nimmt sie ihr Schicksal in die eigenen Hände. Hervorzuheben ist nicht zuletzt die Übersetzung von Judith Krieg, die vor der nicht einfachen Herausforderung stand, für die im örtlichen Dialekt wiedergegebenen Partien eine lesbare deutsche Variante zu finden.
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