Unter den in den letzten Jahren neu erschienenen Romanen fällt eine Hinwendung zu antiken Stoffen und damit verbundenen Themenfeldern auf. Auch der in Frankreich und Irland lebende Autor Ferdia Lennon, Sohn einer irischen Mutter und eines libyschen Vaters und studierter Altphilologe, wendet sich in seinem neuen Roman einer solchen Thematik zu: Wir sind im Jahr 412 vor Christus im sizilianischen Syrakus, einer der wichtigsten griechischen Metropolen ihrer Zeit. Nach der Verwicklung in den Peloponnesischen Krieg und dem Sieg der Syrakuser über die Athener, genießen zwei junge Helden ihr Dasein, während zur selben Zeit Tausende von versklavten feindlichen Soldaten in den Steinbrüchen vor der Stadt gefangen sind. Das Ganze gipfelt in einer Medea-Inszenierung, in die die gefangenen Athener als Chor einbezogen sind, wobei die Adaption des antiken Vorbilds und Schauplatzes groteske und gelegentlich zynische Züge trägt und sich eher als Projektion zeitgenössischer Jugendkultur und des dazugehörigen Vokabulars in ein antikes Szenario zu erkennen gibt. Dennoch entsteht im Spannungsfeld von klassischer Referenz und modern-halbstarker Weltsicht eine Faszination, und sei es wegen der offenen Frage, ob eine derart unverfrorene Überblendung auch in literarischem Sinn legitim und vertretbar ist.
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