die schönsten versprechen
3. Dezember 2022 | 19:00 Uhr
Doris Runge zählt zu den gewichtigsten lyrischen Stimmen in Deutschland und wurde für ihre Gedichte mit diversen Preisen geehrt. Ihre Texte zeichnen sich dabei seit jeher durch eine besondere Beziehung zur Ostsee aus, und auch in ihrem neuen Gedichtband kommt die Autorin in wiederholten poetischen Annäherungen darauf zurück. Das hat sicher damit zu tun, dass Runge schon seit ihrer Kindheit in Schleswig-Holstein zu Hause ist – auch beim zeitweisen Umzug nach Ibiza in den 1970er Jahren verlor sie das Meer nicht aus dem Blick. Man könnte sagen, dass sich das anrollende Meer und die Strände mit ihren vielfältigen Erscheinungsformen und Organismen unter den Augen der Autorin als Metaphern eines existenziellen Geschehens entpuppen. In den Momentaufnahmen ihrer Gedichte fängt sie etwas Anderes, Größeres ein, das unser geordnetes Weltwissen übersteigt, und schlägt Brücken zwischen Kindheit und Alter, Geborgenheit und Gefahr, Rauheit und Liebe, Fundstücke und Traumwelten, Eigenes und Fremdes. Trotz der extrem verknappten Sprache – bzw. gerade dank dieser – schafft die Dichterin in ihren Sprachbildern Konstellationen des Weitblicks und der Besinnung, die sich bei der Lektüre wie von selbst mit Assoziationen des Lesers füllen.