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Klassiker in Neuausgaben

Solaris

Stanislaw Lem

Man mag darüber streiten, mit wieviel Recht Sterne und Planeten als Inseln angesprochen werden können – die gängigen Reden von Raum-„Schiffen“, Astro-„Nauten“ oder dem Äther-„Meer“ lassen ahnen, dass sie zumindest auf den Landkarten des Unterbewussten – und mithin der Literatur – nicht allzuweit von solchen entfernt sind. Insofern liegt es nahe, wenn wir einen Großmeister der literarischen Science Fiction aus Anlass seines 100. Geburtstages auf die Liste unserer ausdrücklichen Buchempfehlungen aufnehmen. Die Würdigung des polnischen Schriftstellers Stanislaw Lem (1921–2006) beschränkt sich im Jubiläumsjahr auch in Deutschland nicht auf einen einzelnen Verlag oder Titel. Während im Suhrkamp-Verlag eine Anthologie unter dem Titel Best of Lem sowie die Romane Der Unbesiegbare, Der Futurologische Kongress und die Sterntagebücher aufgelegt worden sind, wartet der Ullstein-Verlag mit einer Neuausgabe des erstmals 1961 erschienenen Romans Solaris auf – eines der ganz großen Klassiker der SF, der nicht zuletzt durch die Verfilmung von Andrej Tarkowski breite internationale Bekanntheit erlangt hat.

Der Planet Solaris, zu dem der Psychologe Kris Kelvin im Roman geschickt wird, ist von einem merkwürdigen, ganz offenbar intelligenten Ozean bedeckt, der den von der Erde dorthin entsandten Forschern auch nach über einem Jahrhundert ein Rätsel geblieben ist. Indes gehen auf der dort stationierten Raumstation überaus merkwürdige Dinge vor – bis dahin, dass „Gäste“ in Gestalt verstorbener Bekannter der Raumfahrer auftauchen, die gleichsam materialisierte Projektionen ihres Unbewussten sind. Lems wohl rätselhaftester Roman (der in der ansonsten ausgesprochen Lem-begeisterten DDR übrigens erst 1983 erscheinen durfte) hat die Frage nach dem Wesen von Intelligenz und der möglichen Begegnung mit einer andersgearteten Version derselben jenseits aller bekannten Roman- und Filmklischees aufgeworfen und bis heute nichts von seiner Faszinationskraft verloren.