Der Autor Stephan Thome, geborener Hesse, lebt nach Stationen in mehreren Ländern Ostasiens seit mehr als einem Jahrzehnt auf Taiwan. Eben dort spielt auch sein neuer, bei Suhrkamp erschienener Roman Pflaumenregen. Die darin erzählte facettenreiche Familiengeschichte lässt die außergewöhnliche Geschichte der Insel Taiwan von der japanischen Kolonialzeit über die nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzende Sinisierung bis in die Gegenwart auch für uneingeweihte Leser überaus lebendig werden. Sie lässt sich zugleich als Liebeserklärung des Autors an seine „zweite Heimat“ lesen – parallel zu dem Roman ist bei Piper im Übrigen eine ebenfalls von Thome verfasste „Gebrauchsanweisung für Taiwan“ erschienen.
Die Handlung des Romans entzündet sich an Ereignissen, die im Zusammenhang des auf die damalige japanische Kolonie übergreifenden Zweiten Weltkriegs stehen. Als am Rande der Kleinstadt, in der die anfangs achtjährige Heldin lebt, ein Kriegsgefangenenlager erreichtet wird, gerät die Familie in einen Strudel von Umwälzungen und Geschehnissen, mit nicht wieder rückgängig zu machenden Folgen für jeden einzelnen Taiwanesen und die Weltpolitik. Dass die aktuelle politische Eskalation um die von China als „abtrünnige Provinz“ beanspruchte Insel das Interesse weltweit neuerlich auf Taiwan lenkt, mag dem Interesse an Thomes Buch zugutekommen – als vielstimmiger und unterhaltsamer Roman hat es dieses Interesse ganz unabhängig von den gegenwärtigen Entwicklungen allemal verdient.