Der im Jahr 1900 nahe Smyrna (dem heute türkischen Izmir) geborene und 1971 gestorbene griechische Schriftsteller Giorgos Seferis hinterließ zahlreiche Gedicht- und Essaybände sowie einen Roman (Sechs Nächte auf der Akropolis). 1963 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. In Deutschland bekannt wurde er vor allem dank der Vertonungen zahlreicher seiner Gedichte durch Mikis Theodorakis. Seine als Logbücher I bis III betitelten Gedichtbände, die jetzt erstmals in einer vollständigen griechisch-deutschen Ausgabe aus dem Berliner Elfenbein Verlag vorliegen, entstanden zwischen 1937 und 1955. Der aus dem nautischen Gebrauch entlehnte Titel ist dabei alles andere als zufällig gewählt: Seferis, der sich selbst gern als Thalassinos (Meeresmann) bezeichnet hat, liefert darin eine fortgesetzte poetische Standortbestimmung in den historisch bewegten Zeiten während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Als vormaliger griechischer Botschafter in London sah er sich gezwungen, sein Heimatland während der deutschen Besetzung zu verlassen und zunächst auf Kreta, dann im Exil in Ägypten und Südafrika zu leben. Die melancholische Grundstimmung der meisten Gedichte erhebt sich dank Seferis‘ zwischen Präzision und Hermetik changierender poetischer Sprache zu einer Feier der allen Stürmen des Schicksals trotzenden Odyssee des Lebens. Neben einem fundierten Nachwort der Übersetzerin Andrea Schellinger ist der vorliegenden Neuausgabe ein umfassender Anmerkungsapparat mit Auszügen aus Seferis‘ Tagebüchern beigefügt, die Hinweis auf konkrete Anregungen der einzelnen Gedichte geben.
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