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Mein gelbes U-Boot

Jón Kalman Stefánsson

Jón Kalman Stefánsson ist Freunden isländischer Literatur durch seine Romane Etwas von der Größe des Universums, Astas Geschichte und Dein Fortsein ist Finsternis bekannt. Unterdessen gilt der vormalige Maurer, Arbeiter in der Fischindustrie und Polizist als einer der Anwärter auf den Literaturnobelpreis. Mit seinem neuen, deutlich autobiographischen Roman Mein Gelbes U-Boot nimmt er auf den Beatles-Song Yellow Submarine Bezug und zaubert daraus eine Parabel auf Leben und Vergänglichkeit sowie Literatur und Phantasie hervor (was der Buchumschlag der deutschen Ausgabe recht witzig mit der Abbildung eines gelben Trabants reflektiert). Was im Lied der Beatles der alte U-Boot-Fahrer ist in Stefánssons Roman der greise Paul McCartney, den der Ich-Erzähler, ein „isländischer Schriftsteller“ mit auf den Autor verweisenden Zügen, auf einer Londoner Parkbank sitzen sieht. Die Begegnung setzt (ähnlich wie das Madeleine-Gebäck bei Marcel Proust) ein Feuerwerk von Assoziationen in Gang, das von Erinnerungen an Stefánssons Mutter und deren frühen Tod auf die daraus erwachsene Skepsis gegenüber vermeintlichen Tatsachen und den Glauben an die schöpferische Kraft der Phantasie führt. Die Tour de Force durch Erinnerungen und Imaginationen führt von Schauplätzen der eigenen Kindheit auf legendäre Figuren der isländischen Geschichte wie den von dänischen Reformatoren enthaupteten katholischen Bischof Jón Arason aus dem frühen 16. Jahrhundert (wobei der Beatles-Schlagzeuger Ringo Starr als eine Art Wiedergänger desselben erscheint) und bis auf Überlieferungen aus Mesopotamien und der Antike. Stefansson feiert in seiner Parabel das Schreiben als rauschhafte Welterfahrung und lädt seine Leser gleichsam zum poetischen Mitgenuss ein – was mit den zahllosen im Verlauf des Buchs vertrunkenen Wodkas und Whiskies aufs Schönste zusammenspielt.

Verlag:
Piper
Einband:
gebunden
Seitenzahl:
368
Preis:
24